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Cortisol – Cortison

Aufgaben und Regulation der körpereigenen Cortisolproduktion und Nebenwirkungen einer Cortisontherapie

Cortisol wird in der Nebennierenrinde sezerniert und ist ein lebenswichtiges Organ. Es wird physiologischerweise in physischen und psychischen Stresssituationen vermehrt ausgeschüttet. Dies betrifft zum Beispiel sportliche Aktivitäten als auch die Erfordernis bei erhöhter Aufmerksamkeit sowie bei psychischen Erkrankungen (Depressionen, Psychosen etc.). Ohne körpereigene Cortisolproduktion ist der Mensch nicht lebensfähig.

Die Cortisol-Ausschüttung wird durch die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) und den Hypothalamus gesteuert. In der Hirnanhangsdrüse wird das Hormon ACTH ausgeschüttet, welches auf dem Blutweg die Nebennieren erreicht und die Cortisol-Ausschüttung stimuliert. Bei Einnahme von Cortison-Tabletten (z. B. Prednisolon, Dexamethason) oder auch Infusionen kommt es physiologischerweise zu einer Hemmung der eigenen Cortisol-Produktion. Um die lebenswichtige Cortisol-Produktion wieder zu normalisieren, muss in diesem Fall bei höherer Dosierung von Cortison bis zur Beendigung eine stufenweise Reduktion der Tagesdosis erfolgen (s.g. „Ausschleichen des Cortisons“. Ansonsten kommt es zu einer Cortisol-Unterversorgung (sogenannte Addison-Krise).

Geringe Cortisol-Produktion durch Autoimmunerkrankung

In seltenen Fällen kann eine Autoimmunerkrankung der Nebennierenrinde (Morbus Addison) zu einer verminderten Cortisol-Produktion führen. Hierbei ist das im Serum sehr stabil zu messende Cortisol erniedrigt und durch einen negativen Rückkopplungsmechanismus (negatives Feedback) das in der Hypophyse gebildete ACTH erhöht. Darüber hinaus lassen sich Antikörper gegen die Nebennierenrinde nachweisen. Cortisol kann auch im Speichel gemessen werden. Dies ist eine der wenigen Hormone, die mit dieser Untersuchungsform valide und zuverlässig gemessen werden können.

Der Körper zeigt hinsichtlich des Cortisols eine zirkadiane Tagesrhythmik. In den Morgenstunden (zwischen 06.00-09.00 Uhr) zeigen sich die  höchsten Spiegel von Cortisol und fallen über den Mittag und den Nachmittag wieder ab. Insofern sollte bei Patienten, die eine Cortison-Medikation benötigen, diese morgens eingenommen werden.

Cortisolmenge ist von Mensch zu Mensch individuell

Jeder Mensch produziert über den Tag seine individuelle und eigene Cortisolmenge. Dies hängt vom psychischen Befinden als auch von der täglichen körperlichen Beanspruchung als auch der psychischen Belastbarkeit ab. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass equivalent zu körpereigenen Cortisol-Produktion ca. 25-30 mg Hydrocortison als Tabletten-Equivalent ausgeschüttet werden. Dies entspricht ungefähr 7,5 mg von Prednisolon. Es sei jedoch hierauf nochmal hingewiesen, dass diese Schwelle sehr individuell ist.

Gefahr einer Diabetes durch Cortison

Hieraus lässt sich auch ableiten, dass Patienten auf unterschiedliche Cortison-Gaben sehr individuell reagieren. So können bereits geringfügige Cortison-Präparate zu Erhöhung des Blutzuckerspiegels und zur Auslösung eines Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) führen. Zu den Nebenwirkungen einer individuell zu betrachteten Überdosierung von Cortison-Präparaten zählen auch der Bluthochdruck (Hypertonie), Akne, Haarausfall (Alopezie), vermehrte männliche Behaarung (Hirsutismus), Stammfettsucht (Bauchansatz), Muskelschwund (Myopathie) mit Kraftlosigkeit, Wassereinlagerungen (Ödeme), Schlafstörungen, Psychosen, Depressionen, Fettstoffwechselstörungen, um hier nur einige und wichtige zu nennen.

Lange Cortison-Einnahme kann zu Osteoporose führen

Darüber hinaus  ist auch zu erwähnen, dass eine über 3-monatige regelmäßige Cortison-Einnahme oberhalb der individuellen Schwellengrenze zu einem Knochenabbau und zu einer Osteoporose führen kann. Dies nennt man auch Glucocorticoid-induzierte Osteoporose.

Cortisol ist jedoch ein lebenswichtiges Medikament. Die Cortison-Tablettentherapie bei Asthmatikern muss grundsätzlich von einer Cortison bzw. Cortisol-Einnahme bei zum Beispiel Patienten mit einer Nebenniereninsuffizienz (Schwäche) unterschieden werden. Bei den letzteren handelt es sich um einen Ersatz des fehlenden Hormons. Man spricht hier von einer Substitution. Wenn diese Substitution adäquat und nicht überdosiert wird, sind keine Nebenwirkungen zu erwarten. Diese Dosis muss allerdings in Stresssituationen (Operation, körperliche Beanspruchung und psychischer Stress erhöht werden. Patienten mit einer Addison-Erkrankung müssen einen Notfallausweis mit sich führen. Im Falle Cortisol-Unterversorgung muss hier grundsätzlich über die Vene oder auch rektal Cortison-Präparate substituiert werden. Welches Cortison-Präparat hier gewählt wird, ist zunächst unerheblich. Wichtig ist die rasche Zuführung des Cortison-Präparates. Gleiches gilt für Patienten nach einer Hirnanhangsdrüsenoperation (Hypophysenoperation), denen durch Stimulations-Teste (Insulin-Hypoglykämie-Test, CRH-Test) nachgewiesen werden konnte, dass diesen ACTH und somit Cortisol fehlen.