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Neuigkeiten über Schilddrüsenerkrankungen
Neuigkeiten über Schilddrüsenerkrankungen
Nationale Konferenz in Heidelberg 8.-10. Oktober 2015
Die Erforschung der Schilddrüsenhormonwirkung ist Gegenstand des von der Deutschen Forschungsgesellschaft geförderten Projektes mit dem Namen Thyroid Trans Act. Hierdurch konnte u.a. der Schilddrüsenhormontransporter MCT-8 weiter charakterisiert werden, der für den Transport des Schilddrüsenhormons Levothyroxin (T4) von Blut in die Zelle verantwortlich ist. Neben den bekannten Schilddrüsenhormonen T4 und T3, welches überwiegend aus T4 gebildet wird, existieren auch das weniger bekannte T2 als auch Eiweiße, s.g. Thyronamine, die für die Schilddrüsenhormonwirkung verantwortlich sind. In Mausmodellen konnte nachgewiesen werden, dass insbesondere das Thyronamin 3-T1AM bei Tabletteneinnahme von Schilddrüsenhormonen (z.B. L-Thyroxin) stark ansteigt und in Zusammenhang mit T4-aufnehmenden Darmzellen (Mukosazellen) steht. Schilddrüsenhormone und dessen Thyronamine sind für die Stoffwechselvorgänge des Hirns, des Herzens, des Muskels, des Fettgewebe und des Knochen u.a. verantwortlich. Somit kann der klassische Weg der Schilddrüsenhormonwirkung durch T4 und T3 von dem nicht-klassischen Weg der Thyonamine wie z.B. 3-T1AM unterschieden werden. Thyronamine können teils als Gegenspieler von Schilddrüsenhormonen angesehen werden, da sie die Kernkörpertemperatur senken, welches therapeutisch in tierexperimentellen Versuchen die Schlaganfallgröße reduzierte. Andererseits steigern sie das Hungergefühl, senken die Insulinsekretion und erhöhen die Triglyceride.
Das aus der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) ausgeschüttete Hormon TSH stimuliert und reguliert die in der Schilddrüse gebildeten Hormone T4 und T3. Die ins Blut ausgeschütteten Hormone T4 und T3 regulieren dann Körperzellen durch die Schilddrüsenhormonrezeptoren TH4 und TH3. Die Schilddrüsenhormonregulation erfolgt in der Hypophyse über TH4, wohingegen die anderen Hirnareale wie z.B. das Großhirn über TH3 reguliert werden. Mutationen von TH3 betreffen somit Funktionen der mentalen Entwicklung. Hinsichtlich der Kreislauffunktion erhöht T3 die Kontraktilität des Herzens, erniedrigt jedoch gleichzeitig den peripheren Widerstand, so dass bei einer Hyperthyreose eine große Blutdruckamplitude entsteht.
Das Risiko für Vorhofflimmern ist ab einem TSH <0,6 mU/l relevant. Der TSH-Spiegel ist jedoch von vielen Einflussgrößen abhängig: Tageszeit (morgens höher, nachmittags niedriger, Delta bis 1,5 mU/l), nüchtern höher, Jodversorgung, Alter, Begleitmedikation (z.B. Antidepressiva, Östrogene, Amiodaron).
Nach einer Schilddrüsenoperation ist die Gewichtszunahme gering. 10% der Frauen und 17% der Männer nehmen ca. 2kg an Gewicht zu. Die tgl. Schilddrüsenhormonsekretion mit T4 beträgt ca. 100 µg und mit T3 6µg. Inwiefern dies nach einer kompletten Schilddrüsenresektion (Thyreoidektomie) Berücksichtigung findet sollte, ist sehr individuell und Gewichts-abhängig. Eine Kombinationstherapie mit T/T3 muss nicht zwangsläufig erfolgen. Studien zeigen, dass eine Monotherapie mit T4 (Levothyroxin) häufig ausreicht, da körpereigene Dejodasen (D2) T4 in T3 konvertieren. Kinder mit einer angeborenen Schilddrüsenunterfunktion(konnatale Hypothyreose) zeigen nach einer adäquaten Schilddrüsenhormonsubstitution hinsichtlich des Intelligenzquotienten keinen Unterschied zu Altersgleichen. Propylthiouracil (PTU) sollte bei Kindern und Jugendlichen nicht gegeben werden. Im Gegensatz zu Erwachsenen gibt es bei Kindern für Selen bei einer Autoimmunthyreoiditis keine Rationale zu einer Therapie/Substitution. Eine Substitution mit T4 ist bei Kindern erst in Zusammenschau der Symptome und nur bei erniedrigtem T4 und erhöhtem TSH indiziert. Ein TSH zwischen 4 und 10 mU/l erzwingt bei Kindern keineswegs die sofortige Gabe von Levothyroxin. Hier sind zunächst Kontrolluntersuchungen zu empfehlen.
Ein erhöhter TPO-Antikörper (<200 U/l) ist keinesfalls beweisend für eine Hashimoto-Erkrankung. Erst die Symptomatik und ansteigende TSH-Werte bis >10 mU/l lassen die Diagnose zu. Bei erhöhten TPO-Antikörper >200 U/l gehen ca. 4% innerhalb eines Jahres in eine manifeste Schilddrüsenunterfunktion über.
In der Schwangerschaft gelten andere TSH-Referenzwerte. Dies liegt an der Schwangerschaftshormon (ß-HCG)-Wirkung, des erhöhten Jodbedarfs, der vermehrten Jodausscheidung (Jodurie) und der Schilddrüsenhormonversorgung des Feten. Im ersten Trimenon ist der Fetus von der Schilddrüsenkonzentration der Mutter abhängig, da er erst ab der ca. 12. Woche selbst Schilddrüsenhormone adäquat bilden kann. Es gelten folgende TSH-Referenzwerte: 1. Trimenon: 0,1 – 2,5 mU/l, 2. Trimenon 0,2 – 3,0 mU/l, 3. Trimenon 0,3 – 3,0 mU/l. 150µg Jod pro Tag sind zusätzlich in der Schwangerschaft und Stillzeit zu empfehlen. Bei einem TSH von 2,5-5,0 mU/l erhöht sich Abortrate bei unzureichend eingestellter Hashimoto von 3,6 auf 6,1%.Deshalb ist ein TSH von <2,5 mU/l, besser um 1 mU/l in der Schwangerschaft anzustreben. Bei Auftreten einer manifesten Hyperthyreose in der Schwangerschaft (z.B. Morbus Basedow) ist im 1. Trimenon Propylthiouracil und im 2. /3. Trimenon Thiamazol zu geben.
Ältere Menschen zwischen 70 und 80 Jahren haben bei höheren TSH-Werte eine niedrige Sterblichkeit (Letalität). Diesbezüglich bedarf diese Altersgruppe auch eine niedrigere Substitutionsbedürftigkeit von Levothyroxin. Die ETA (Europäische Schilddrüsengesellschaft) und die ATA (Amerikanische Schilddrüsengesellschaft) schlagen für den TSH-Wert in dieser Altersgruppe einen Wert von 1-5 respektive 4-6 mU/l vor.